Die Gegend am Fluß Chopjor und seiner Mündung in den mittleren Don gehört nicht zum Erfassungsgebiet des russischen Dialektatlasses DARJa. Wie die Region an der benachbarten Medvedica wurde sie bisher nicht systematisch von Dialektologen kartografiert. Doch die Expeditionen an die Medwediza im Sommer 1998 hatten gelehrt, wie sehr man sich sputen muss, um die "klassischen" Dialektsprecherinnen und -sprecher überhaupt noch anzutreffen. |
Unsere älteste Gesprächspartnerin: A.M. Rebikova, geb. 1898 |
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Mit ihnen verschwindet eine von den Großeltern und Eltern übernommene Erzählkultur, fallen die vielfältigen Spiegelungen historischer Ereignisse im Leben einzelner und ihrer Familien dem Vergessen anheim oder verlieren zumindest jene Eindringlichkeit, die allem selbst Erlebtem innewohnt. Es verschwindet die älteste der noch vorhandenen Dialektausprägungen - für den Sprachwissenschaftler die Ausgangsbasis, um sprachliche Entwicklungen zu erfassen, ihre Ursachen und Bedingungen zu analysieren. Deshalb waren wir besonders froh über jede Möglichkeit, mehrere Sprechergenerationen aus einer Familie zu dokumentieren. Wir haben v.a. Frauen, aber auch einige Männer aufgezeichnet; 100-jährige, 80-jährige, 60-jährige, 20-jährige. Das waren vorwiegend Kosakinnen und Kosaken. Auch einige nicht zum Kosakenstand gehörende Bäuerinnen (muschizkije) haben uns über ihr Leben erzählt. Unsere Hoffnung, Altgläubige zu treffen, wurde allerdings enttäuscht. Diejenigen, mit denen wir gesprochen haben, pflegten ihre Traditionen nicht mehr. |
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Autorin: Marion Krause |