Wir trafen uns in Moskau und fuhren mit der Bahn nach Sebrjakovo. So nennt sich bis heute die Bahnstation in Michailovka, dem Ausgangs- und Endpunkt unserer Expedition. Von dort ging es nach Urjupinsk, in Russland Synonym für Abgelegenheit, Provinzialität, Rückständigkeit. Mancher russische Zeitgenosse weiß gar nicht, dass es die Stadt tatsächlich gibt - er kennt sie nur aus Witzen. In Urjupinsk existiert eine Filiale der Universität Volgograd. Ihre Leitung und die Mitarbeiter unterstützten unser Unternehmen großzügig.

 

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Die TeilnehmerInnen der Expedition im August und September 1999 (von links nach rechts): L.L. Kasatkin (Moskau), Ch. Sappok (Bochum), M. Krause (Hamburg), D. Savinov (Moskau), E. Moschkina (Kirov). Die Expedition wurde aus Mitteln der DFG finanziert, Projektnummer 278/13-1.

     

Über Michailovka führte unser Weg anschließend in den Süden, in den Kreis Serafimovič, die ehemalige Stanica Ust-Medvedickaja. Unser Lager schlugen wir in Ust-Chopjorskaja auf. Wir bekamen das ehemalige Popenhaus zugewiesen, das wegen der großzügigen Raumaufteilung zwischenzeitlich als Kindergarten und Dorfhotel gedient hatte. Hier versorgten wir uns selbst: der Ort hatte zwei Geschäfte, und außerdem wurden wir oft mit frischem Obst und Gemüse beschenkt. Wir hatten den Kleinbus der Universitätsfiliale in Michailovka gemietet; Kolja, der Fahrer, kannte den Expeditionsbetrieb schon vom Vorjahr und war wieder eine Stütze des ganzen Unternehmens.

 

Die nächste Station war der Nachbarkreis Nechajevski. Hier gestaltete sich das Terrain für uns zunächst schwieriger: Der Kreis hat offenbar noch größere wirtschaftliche Probleme als die Nachbarn, und auch der Aufschwung des Kosakentums wird nicht von allen mit Begeisterung getragen. Und nun Gäste! Die notwendige Unterstützung erhielten wir aber doch - von der Kreisverwaltung, vor allem aus den Behörden für Bildung und Kultur: ein Kleinbus wurde zur Verfügung gestellt, eine Unterkunft, Verpflegung.

     

Unser letztes Ziel war der Kreis Kleckij. Wir entschlossen uns, in der Stanica Raspopinskaja zu wohnen, und bekamen unbürokratische und rasche Unterstützung vom Bürgermeister. Der Schulleiter stellte uns ein Nebengebäude der Schule zur Verfügung, auch ein bißchen Geschirr, eine Kochplatte. Für Kinder und Lehrer waren wir offenbar eine interessante und erfreuliche Abwechslung im Schulalltag. Um eine kleine Inszenierung unserer Dialektologenarbeit in der Schulaula kamen wir nicht herum, auch nicht um ein Autogramm für die Schulchronik. Welcher Dialektologe kann schon von sich behaupten, das Interesse von Autogrammjägern gefunden zu haben?

     
Autorin: Marion Krause